EISZEIT – im Wettlauf gegen die Temperaturen

Unsere spannendsten Nachrichten sind die Wetterberichte, unsere wertvollsten Freunde auf der Strecke sind die Schleusenmänner und -frauen vom VNF (Staatl. Wasserverwaltung Frankreichs).
Wir haben unsere Leinen in den Salon gebracht aber sie frieren sofort wieder, wenn wir sie auf Deck holen. Damit sind sie bocksteif und kaum zu gebrauchen beim Schleusen. Wir starten aber. Die Corsica muss sich den Weg durch die Eisdecke brechen. Noch gestern war es so, dass durch den erzeugten Wellenschlag bei der Fahrt, die starre Fläche am Rand in Bewegung gesetzt wurde. Das Eis brach. Heute fällt uns beim Durchflügen des Eises auf, dass wir nur noch eine Spur ziehen. Um so kürzer der Schleusenabstand, um so dicker wird das Eis. Das Wasser in den Kanälen hat wenig Bewegung. Bis zu 3 cm ist die Schicht.

Der VNF-Mann hackt das Eis hinter der Schleuse, damit die Türen eine Chance haben, sich zu öffnen. Ohne ihn würde heute gar nichts gehen. Das Eis schlingert über die Fläche und hinterlässt ein klirrendes Geräusch. Wir haben ein Ohr für das Krachen entwickelt. Die Stärke ist zu hören. Die Dicke des Eises ist unterschiedlich. Faktoren wie unser Reisestart, die Himmelsrichtung in die wir gerade fahren, der Winkel der Sonne sowie die Uferbesäumung bspw. Bäume am Wegesrand spielen für das Wachstum des Eises ihre Rolle.

Noch 4 km dann sind wir auf der Wasserscheide. Dort erhoffen wir uns etwas Schub durch die Änderung der Fließrichtung stromabwärts. Aber bis es soweit ist, erwartet uns noch ein Schleusenmarathon. Wir wollen es wissen und fahren die Strecke soweit das Wetter und unsere Kräfte es zulassen. Unser Ziel ist es, den Kanal so schnell wie irgend möglich hinter uns zu lassen.

Das Eis wächst gegen uns. Irgendwann kann die Corsica nicht mehr als Brecher fungieren.

Hafenankunft – einbrechende Dunkelheit: Für heute sind wir sehr dankbar. Die Tagesbilanz weist uns Kilometer und Schleusen aus, die für zwei Tage auf dem Plan standen. Kaum zu glauben, dass alles so perfekt funktioniert hat.

Wir haben ungeheures Glück. Irgendwie ahnten wir das schon, nachdem uns Capitainerie und Schleuser so einige Geschichten von anderen Booten erzählt haben. Bewusst wird es uns heute, als knapp neben uns der Segler mit Heimathafen Marseille liegt. Er hat seine Strecke nicht geschafft. Wir wissen, dass er zwei Anläufe genommen hat, um die Kanäle zu passieren. Das Eis hat ihn jetzt wohl endgültig in den Winterschlaf verwiesen. >Grit<


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