Kulturhauptstadt nur für mich?

Die Idee ist klasse – Leeuwarden/Friesland, Kulturhauptstadt Europas 2018 hat sich als tragendes Thema „Sprache“ ausgesucht. Mich als Kommunikationsfrau haben sie damit natürlich gleich eingefangen. Schon bei der Ankunft durch die Kanäle entlang des Parks zu unserem wunderschönen Liegeplatz mitten in der Stadt stolpern wir über das Thema. Ein Pavillon unter den Röcken zweier weiblicher Figuren – erinnert mich irgendwie an eine Matroschka. Die Errichter begründen die außergewöhnliche Gestaltung damit, dass es ja auch „Muttersprache“ heißt. Die Ziegel sind übergroße „Post it“ auf denen verschiedenste Worte mir unbekannter Sprachen geschrieben sind.
Wir legen an und starten auch gleich in die Stadt. Das Wahrzeichen ist hier der schiefe Turm – „Oldehove“ genannt – der dem in Pisa um nichts nachsteht. Wir klettern hinauf und können von oben den zentralen Platz als riesigen Textblock wahrnehmen – interessant gemacht. Den Turm werden wir abends nochmal bei einer Multimediashow zum Thema Wasser (wie kanns in Holland auch anders sein) bewundern.
Ich schmökere in der extra erstellten App für das Jahr. Etwas unaufgeräumt für mein Verständnis von Chronologie aber der Inhalt wirft mich um. Die erste Überschrift heißt: „Trauen Sie sich zu träumen“ – eigenwillig und grenzenlos! „Trauen Sie sich anzupacken“ – …aus fremden Welten neue Freunde machen – das erfordert Mut, aber wer Angst vor nassen Füßen hat, kommt nie über den Fluss, Punkt zwei. Und die dritte Botschaft ist: „Trauen Sie sich anders zu sein“ – hier geht es darum einander zu finden, während die Welt sich rasend schnell entwickelt. Die Texte packen mich und ich habe das Gefühl von – ja ich will – genau das und so wie es inhaltlich dort beschrieben steht. Es passt zu unserem Motto der Reise und es entspricht meiner inneren Einstellung. Ich bin euphorisch.
Wir stöbern weiter und entdecken auf den Plätzen Street Art. Dreidimensionale Illusionen deren Teil man selbst werden kann, sind auf dem Boden gemalt. Sie weisen uns den Weg zur Escher Ausstellung. Eigentlich ist er nicht so mein Ding – zu friemelig aber ich soll ihn von einer ganz neuen Seite kennenlernen. Als Beginn unseres Ausstellungsbesuches wählen wir die räumlichen Illusion junger Künstler. Sie spielen mit der Wahrnehmung á la Escher. Der erste Raum führt uns über einen Steg in eine rosa Welt. Hier gibt es keine Ecken und es scheint, als gäbe es kein Ende. Ich habe das Gefühl im Universum zu stehen und verschluckt zu werden. Ein nächster Raum gleicht einer gerade verlassenen Party. Er verwirrt uns durch seine stringente Beibehaltung des schwarz/weiß. Nirgendwo Farbe – nur der Betrachter als bunter Klecks in der monochromen Welt. Das Auge vermisst die gewohnte Farbsicherheit – Irritation kommt auf.
Und dann folgt das eigentliche Highlight – die Escher-Ausstellung. Etwas skeptisch-neugierig lasse ich mich auf die Führung eines kleinen Begleitheftes ein. Wie zu erwarten war, sind es für mich nicht die Werke an sich, die mich begeistern (na klar, er ist ein toller Grafiker, keine Frage). Es ist die Hinführung zu seinem Handwerk – nur bei Nacht zu zeichnen, um Negativformen herauszuarbeiten, von der mathematischen Konstruktion ins Zweidimensionale zu kommen oder aber auch aus einem Akt geometrische Formen entstehen zu lassen. Der Escher hat mich. Es sind Herangehensweisen, die ich selber versuche zu finden und jetzt wie in einem Baukasten ablesen kann.
Nach diesem intensiven Erlebnis wollen wir uns nur noch eins erfüllen. Die Suche nach dem Brunnen Nr. 10. In Dokkum sind wir dadurch auf das Kulturhauptstadtjahr aufmerksam geworden. Nun wollen wir der Fährte folgen.
Wir finden ihn zentral vor dem Bahnhof platziert. Zwei überdimensionale jugendliche Köpfe von Nebelschwaden umwabbert. Das zu deuten fällt nicht schwer. Die Jugend im Sinnesrausch der Gefühle, den klaren Blick verschleiert. Die Größe der Plastiken ist beeindruckend. Bei mir wirft das Gesehene Fragen auf – ist hier bewusst das Klischee der Jugend gesucht worden, so plakativ ein Thema dargestellt? Irgendwie liebe ich es auch, empfinde es nicht als Privileg der Jugend mal so richtig himmelhochjauchzend zu sein und nicht immer klare und logische Bilder im Kopf zu haben – eben Sinnestäuschung zu erleben – vielleicht auch Dank Herrn Eschers;) >Grit<


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